Wiederkehrende Atemaussetzer während des Schlafens durch nächtliche Engstellen im Hals (Obstruktives Schlafapnoe-Syndrom, OSAS) sind in vielen Fällen die Ursache für Schlafstörungen und Tagesmüdigkeit und führen auf Dauer zu einer erheblichen Herz-Kreislaufbelastung. Die Behandlung dieser Schlafstörungen ist daher lebenswichtig.
Verschiedene und sehr wirkungsvolle Therapieverfahren stehen uns dafür zur Verfügung wie beispielsweise zahngetragene Schienen, Atemtherapien mit Masken und Operationen am weichen Gaumen. Inzwischen hat sich mit dem Zungenschrittmacher eine weitere Behandlungsmöglichkeit etabliert.

Zungenschrittmacher können eine echte Alternative zur Bekämpfung von Atemaussetzern sein – beispielsweise bei Maskenunverträglichkeit. Bildquelle: Pixabay
Inhaltsverzeichnis
Zungenschrittmacher – eine neue Therapieform
Zungenschrittmacher sind in bestimmten Fällen eine moderne Alternative zu den bisherigen Therapieverfahren des Obstruktiven Schlaf-Apnoe-Syndroms (OSAS).
Neben den vorwiegend genutzten Therapieformen wie der CPAP-Therapie (Atemmaske), einer Operation, bei welcher der weiche Gaumen um wenige Millimeter nach vorne verlagert wird oder der Anwendung einer Schnarchschiene ist die Therapie mittels eines Zungenschrittmachers noch recht neu. Wichtig ist hierbei, dass die individuellen, anatomischen Voraussetzungen eine Therapie mit dem Zungenschrittmacher zulassen und andere, weniger invasive Therapieverfahren erfolglos geblieben sind.
Funktionsweise eines Zungenschrittmachers bei einer Schlafapnoe
Der Zungenschrittmacher ist ein Gerät von der Größe einer Streichholzschachtel, das in Vollnarkose im Bereich der rechten Brust oder im vorderen Halsbereich unter die Haut implantiert wird. Zur Implantation sind je nach System ein bis drei kleine Hautschnitte notwendig. Die Elektroden des Implantates stimulieren Äste des Nervensystems am Hals, der die Zunge nach vorn bewegt (N. Hypoglossus).
Durch die stimulierte Vorwärtsbewegung der Zunge wird verhindert, dass die Zunge im Schlaf nach hinten fällt und den Atemweg versperrt. Dadurch werden bestimmte Formen von Atemaussetzer effektiv verhindert, so dass die Patienten besser und für Herz- und Kreislauf schonender schlafen.

Legende: Prinzip der atemsynchronen Stimulation (Typ Inspire): Eine Elektrode erfasst die Atembewegungen und leitet die Information an die Steuerungseinheit weiter. Diese gibt dann Signal an die Elektrode im Halsbereich weiter, die Äste des motorischen Zungennervens (N. Hypoglossus) stimuliert, der die Zunge nach vorn bewegt.
Die verschiedenen Arten von Zungenschrittmachern
Es gibt ein einseitig stimulierendes, voll-implantierbares System mit Atmungserkennung sowie ein beidseitig stimulierendes, teil-implantierbares System in der klinischen Anwendung. Welches System für Sie am besten geeignet ist, besprechen wir anhand Ihrer individuellen Befunde, insbesondere auch anhand der Schlafendoskopie .
- Voll-implantierbare Zungenschrittmacher:
Bei diesem System (Inspire) erfasst eine Elektrode im Brustkorbbereich die Atembewegung und gibt diese Information an die kleine Steuereinheit weiter, die ebenfalls implantiert wird. Von dort werden elektrische Signale an eine zweite Elektrode gesendet, die mit Ästen des motorischen Zungennervens (N. Hypoglossus) verbunden ist. Bei Stimulation wird die Zunge leicht nach vorn verlagert und dadurch Engstellen im Schlund geweitet.
Alle Bauteile des Systems befinden sich im Körper des Patienten, sind also voll implantiert. Der Akku kann ähnlich wie bei einem Herzschrittmacher nach mehreren Jahren ausgetauscht werden. Dies ist dann ein kleiner Eingriff, der ambulant in örtlicher Betäubung erfolgen kann.
Eingeschaltet wird das System zum Schlaf mit Hilfe einer Fernbedienung. Die Zungenstimulation erfolgt nur auf einer Seite. Bei konzentrischen Verengungen im Schlaf, die im Rahmen einer Schlafendoskopie zuvor ausgeschlossen werden müssen, ist dieser Zungenschrittmacher nicht indiziert. - Teil-implantierbare Zungenschrittmacher:
Bei diesem System (Genio) wird die Steuereinheit unterhalb des Kinns implantiert und die beiden ausladenden Flügel mit Ästen des motorischen Zungennervens (N. Hypoglossus) auf beiden Seiten verbunden. Sowohl die Programmierung als auch die Energieversorgung erfolgen über eine Sendeeinheit, die zur Nacht – oder auch zur initialen Programmierung – auf die Haut unter dem Kinn aufgeklebt werden.
Die Stimulation erfolgt beidseits nach einem individuell einzustellenden Rhythmus, welcher der eigenen Atemfrequenz angepasst wird.
Für wen eignet sich die Therapie mit einem Zungenschrittmacher?
Das Krankheitsbild des obstruktiven Schlaf-Apnoe-Syndroms, auch OSAS oder Schlaf-Apnoe genannt, ist weit verbreitet. Vielen Patientinnen und Patienten hilft eine nächtliche Atemtherapie mit einem sogenannten CPAP- oder APAP-Gerät. Einige Patienten tolerieren aber die Atemmaske im Schlaf nicht. Wenn auch andere Therapieoptionen wie Lagerungshilfen, zahngetragene Schienen, Weichgaumenoperation u.a. zu keinem ausreichenden Erfolg geführt haben, steht mit dem Zungenschrittmacher eine weitere moderne Behandlungsoption zur Verfügung. Diese Therapie ist insbesondere geeignet:
- bei mittlerer bis schwerer obstruktiver Schlafapnoe,
- falls eine CPAP-Behandlung nicht ausreichend wirkt oder die Maske Probleme bereitet,
- wenn kein starkes Übergewicht besteht (BMI unter 35).
Voraussetzung für die Indikationsstellung ist auch die Untersuchung im künstlichen Schlaf mit Simulationstest (Schlafendoskopie) um festzustellen, ob durch die Vorverlagerung der Zunge die Engstellen ausreichend überwunden werden können.
Risiken eines Zungenschrittmachers
Die Risiken der Implantation eines Zungenschrittmachers sind insgesamt gering. Sie umfassen in erster Linie die allgemeinen und typischen Risiken jeder Operation wie u.a. Wundheilungsstörungen. In jedem Fall ist eine vorhergehende genaue Diagnostik im Schlaflabor und mit Hilfe einer Schlafendoskopie erforderlich, anhand derer wir mit unseren Patienten eine individuell Beratung und genaue Nutzen-Risikoabwägung vornehmen.
Kosten eines Zungenschrittmachers
Die Behandlung mit einem Zungenschrittmacher ist inzwischen eine anerkannte Behandlungsmethode, die unter bestimmten Voraussetzungen von Kostenträgern erstattet wird. Die Gesamtkosten einschließlich des Gerätes sowie der Operation belaufen sich auf etwa 30.000 Euro.
Vor und nach der OP eines Zungenschrittmachers
Im Vorfeld der Implantation eines Zungenschrittmachers ist sowohl eine Untersuchung im Schlaflabor als auch eine Schlafendoskopie erforderlich.
Nach der Einheilungsphase von einigen Wochen wird der Schrittmacher aktiviert und individuell programmiert. Erfahrungsgemäß sind einige Sitzungen erforderlich, um das Gerät für den Patienten optimal einzustellen. Eine abschließende Kontrolle erfolgt dann im Schlaflabor im Rahmen der Polysomnographie . Weitere Kontrollen führen wir mindestens einmal jährlich durch.
Kurz und knapp in unserem FAQ: Fragen und Tipps zur richtigen Anwendung einer Schlafmaske
Fazit
Zungenschrittmacher sind eine moderne Behandlungsoption beim obstruktiven Schlaf-Apnoe-Syndrom (OSAS). Sie können alternativ zu bisherigen Therapieformen wie CPAP-Masken, Operationen am weichen Gaumen, zahngetragenen Schienen u.a. indiziert sein. Voraussetzung für deren Implantation ist eine genaue Diagnostik in einem schlafmedizinischen Zentrum und erfolglose Therapieversuche mit weniger invasiven Behandlungen.
Nachts gut schlafen, tagsüber fit.
Autor: Prof. Dr.mult. Ralf Siegert
Hinterlasse einen Kommentar